Auftraggeberhaftung bei Bauleistungen

01. März 2019

Der Generalunternehmer bzw. Auftraggeber haftet bei Erbringung von Bauleistungen und Reinigungsleistungen für Beiträge und Abgaben aus Arbeitsverhältnissen von Subunternehmen.

Entfall der Haftung

Die Haftung entfällt, wenn

  • das beauftragte Unternehmen (= Subunternehmen) zum Zeitpunkt der Leistung des Werklohnes in der Gesamtliste der haftungsfreistellenden Unternehmen (HFU-Liste) geführt wird oder
  • der Auftraggeber 25 % (20 % Sozialversicherungsbeiträge und 5 % Lohnabgaben) des zu leistenden Werklohnes (Haftungsbetrag) gleichzeitig mit der Leistung des Werklohnes an das Dienstleistungszentrum (DLZ) der Wiener Gebietskrankenkasse überweist.

Liste der haftungsfreistellenden Unternehmen (HFU-Liste)

Um als Unternehmen in die HFU-Liste aufgenommen zu werden, muss ein schriftlicher Antrag entweder beim beitragskontenführenden Krankenversicherungsträger oder beim Dienstleistungszentrum AGH (eingerichtet bei der WGKK) gestellt werden.  

Ein solcher Antrag setzt voraus, dass

  • das Unternehmen seit mindestens drei Jahren Bauleistungen in der EU/EWR oder in der Schweiz erbracht hat,
  • zum Antragszeitpunkt keine rückständigen Beiträge für Zeiträume bis zu dem der Antragstellung zweitvorangegangenen Kalendermonat ausgewiesen sind und
  • keine Beitragsnachweisungen (im Falle der Beitragsabrechnung mittels Lohnsummenverfahren) für diesen Zeitraum ausständig sind.

Beitragsrückstände, die 10 % der im Kalendermonat vor Antragstellung abzuführenden Beiträge nicht übersteigen, bleiben dabei außer Betracht. Vereinbarte Beitragsstundungen und Ratenzahlungen schaden ebenfalls nicht. 

Neugründer

Für Neugründer ist es durch diese Regelung nicht möglich, Aufnahme in die HFU-Liste zu finden, da sie noch keine Bauleistungen erbracht haben und auch keine SV-Beiträge abführen mussten. Möchte man als Neugründer also dem Werklohnabzug entgehen, empfiehlt es sich, dies vertraglich mit dem Auftraggeber zu vereinbaren (z.B. durch Vorlage einer Bankgarantie).

Seit 1.1.2015 werden auch natürliche Personen in die HFU-Liste aufgenommen, wenn

  • keine Dienstnehmer beschäftigt und daher auch keine Beitragskonten beim Krankenversicherungsträger geführt werden,
  • seit mindestens 3 Jahren Bauleistungen erbracht werden,
  • keine Beitragsrückstände und ausständige Beitragsnachweisungen als ehemaliger Dienstgeber vorliegen,
  • eine Pflichtversicherung nach dem GSVG aufrecht ist und diesbezüglich keine Beitragsrückstände (bis zu 500 € bleiben unberücksichtigt) vorliegen und
  • ein entsprechender Antrag gestellt wird.

Eine Eintragung ist nur auf den Namen der natürlichen Person möglich.

Tipp!

Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ermöglicht den Unternehmen auf elektronischem Weg kostenlos Einsicht in die HFU-Liste.  

Die HFU-Liste gilt seit 1.7.2011 einheitlich für die Lohnsteuer und die Sozialversicherung. Die Haftung muss allerdings nicht immer beide Bereiche betreffen. Vor allem bei ausländischen Unternehmen setzt die Lohnsteuerpflicht meist früher ein als die Sozialversicherungspflicht.

Werklohnabzug

Die Auftraggeberhaftung entfällt auch, wenn der Auftraggeber 25 % (20 % Sozialversicherungsbeiträge und 5 % Lohnabgaben) des zu leistenden Werklohnes (Haftungsbetrag) gleichzeitig mit der Leistung des Werklohnes an das DLZ überweist. Das DLZ leitet die entsprechenden Beträge an den zuständigen Krankenversicherungsträge und an das zuständige Finanzamt weiter. Die Beträge werden dem entsprechendem Beitragskonto und Abgabenkonto gutgeschrieben. Allfällige Beitragsrückstände werden mit diesen aufgerechnet.

Das Subunternehmen kann sich in weiterer Folge die vom Auftraggeber eingezahlten Beiträge auszahlen lassen, sofern es keine Beitragsrückstände hat.

Der Antrag auf Auszahlung eines Guthabens auf dem SV-Beitragskonto ist schriftlich beim DLZ einzubringen. Die Auszahlung erfolgt direkt durch den zuständigen Krankenversicherungsträger. Die Auszahlung von Guthaben auf dem Abgabenkonto kann nur beim zuständigen Finanzamt beantragt werden.

Bei natürlichen Personen ohne Dienstnehmer, die bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) versichert sind, wird der Haftungsbetrag an die SVA weitergeleitet und auf dem Beitragskonto des Subunternehmers verbucht. Der Antrag auf Auszahlung des Guthabens ist an die SVA zu richten.

Hat der Subunternehmer weder eine Dienstgebernummer noch ein Beitragskonto bei der SVA, wie beispielsweise ausländische Unternehmen, so hat der Auftraggeber den Haftungsbetrag an das DLZ abzuführen und der Subunternehmer erhält das Guthaben nach schriftlicher Antragsstellung binnen fünf Jahren ausbezahlt.

Die Auszahlung des Guthabens erfolgt nur dann, wenn nicht ein anderer Krankenversicherungsträger oder eine Finanzbehörde innerhalb von 14 Tagen ab Einlangen der Zahlung den Haftungsbetrag für sich beansprucht.

Neben der oben angeführten Haftung finden sich noch andere Haftungsnormen für Auftraggeber in den Gesetzen. Nach dem Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz (SBBG) können zB Unternehmen rechtskräftig als Scheinunternehmen festgestellt werden. Es lohnt sich daher im Zeitpunkt der Auftragserteilung in die Liste der Scheinunternehmen beim BMF Einsicht zu nehmen.

https://www.bmf.gv.at/betrugsbekaempfung/liste-scheinunternehmen.html

Quelle: WKO